Skurrilitäten und der schwule Hans
Ich sehe ihn schon, bevor er herkommt. Seine Augen sind auf mich gerichtet, es glitzert etwas. Ist es ein Vorhaben? Er schiebt sich durch den Pulk und steht wackelnd neben mir. "Hast du einen Freund?" Noch vor Kurzem wäre ich da zum Rumpelstilzchen geworden, aber seit ich die Droge Mu neben mir stehen habe, bin ich auf Endorphinen, die alles aushalten. "Warum?" frage ich. Sinnvollerweise. Mit dem kann man zumindest rhetorisch spielen, weil er kein Vergewaltigertyp, sondern bloß schüchtern, in sich gekehrt und absolut nicht mein Fall ist (aber nicht der Schüchternheit wegen). Darauf antwortet er natürlich nicht, aber er deutet auf einen mir unbekannten Bargast, der nicht minder alkoholisiert, aber unglaublich protzig und schleimig rumtrampelt. Da kann ich nur den Kopf schütteln. Er deutet auf S, die mir gegenübersteht, und verzieht sein Gesicht in ein Fragezeichen. Ich verziehe meines in einen wer-weiß-vielleicht-Ausdruck. Das reicht ihm nicht. Er glaubt mir halt die Lesbe nicht. Er deutet auf Mu, der in einer Unterhaltung mit Ma ist. Ich sage: "Vielleicht." Da schaut er enttäuscht und zieht ab. Kurz denke ich, wenn Mu mich als Freak einschätzt und mich nun für eine wahnsinnig Verliebte hält, die sich als seine Freundin wähnt, dann wär das ungünstig. Aber dann hat er sowieso eine ungünstige Meinung von mir. Und außerdem hast du mich eh nicht gehört oder gesehen, Mu, oder?
Guildenstern - 21. Dez, 13:30